So schützen Sie sich bei Hausdurchsuchungen

Verfasst von: Uwe Eugen Rembor
Wenn Sie Unternehmer oder Manager sind, dann stehen Sie oft mit einem Bein im Gefängnis. So besagt z.B. ein Urteil des BGH (Bundesgerichtshof) aus dem Jahre 2005, dass ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt in der Lage sein muss, 90 % seiner Verbindlichkeiten zu bezahlen und lediglich maximal 3 Wochen lang einen finanziellen Engpass haben darf, der unter dieser Liquiditätsrate liegt. Nach dieser Regel wären mehr als die Hälfe aller deutschen und österreichischen Unternehmen insolvent, denn eine so hohe Liquidität besitzt kaum ein Unternehmen.

Jährlich finden alleine in Österreich rund 3.000 Hausdurchsuchungen statt, in Deutschland sind es rund 10-mal so viele, sage und schreibe mehr als 30.000, also mehr als 80 pro Tag. Es kann jeden Firmenchef treffen. Wie man sich, sein Unternehmen, seine Mitarbeiter und seine Kunden schützen kann, darüber sprach RA Mag Josef Gallauner anlässlich eines Treffens des Forums für Restrukturierung und Turnaround, RETURN im Schwarzen Kameel in Wien. Circa 30 Teilnehmer fanden sich in der Beletage zum Frühstück ein und hörten gespannt zu, wie man sich im Falle von Hausdurchsuchungen verhalten sollte.

Zunächst einmal gilt, auch für den vielleicht eher unwahrscheinlichen Fall einer Hausdurchsuchung: Eine gute Vorbereitung und Notfallprotokolle sind die halbe Miete. So wie Sie auch die Evakuierung im Brandfall und das Verhalten in besonderen Situationen üben und Checklisten für Notfälle und Betriebsstörungen vorhalten, so hilft eine gute Vorbereitung und rechtzeitige Absprache auch im Falle einer Hausdurchsuchung vor Nervosität, Panik und Fehlern.Zunächst einmal sollte man das Offensichtliche tun und die Ermittler von Kunden und Mitarbeitern separieren und in einen möglichst abgelegenen und abgeschlossenen Raum führen, den man ihnen zur Verfügung stellt. Je weniger unkontrollierten Kontakt die Ermittler mit anderen Personen haben, desto besser.

Daher macht es auch Sinn die Ermittler zu bewirten und ihnen Getränke anzubieten, denn Sie möchten sicher nicht dass die Beamten auf der Suche nach einem Getränkeautomaten oder der Kaffeeküche durch ihr Gebäude irren und dabei jeden verunsichern und ausfragen. Gleichzeitig sollte man sich die gerichtliche Bewilligung (im Volksmund als „Hausdurchsuchungsbefehl“ bekannt) aushändigen lassen, lesen und den Empfang bestätigen. Diese Bewilligung ist die erforderliche Rechtsgrundlage ohne die keine Hausdurchsuchung stattfinden darf. Grundsätzlich sollte man auch immer Einsicht in den Dienstausweis erbitten und nach Möglichkeit Kopien von Dienstausweisen machen, Dienstnummer und Dienststelle erfragen und notieren.

Anonymität verführt zu bestimmten Verhaltensweisen, und wer nicht mehr anonym ist und später identifiziert werden kann, der wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr korrekt verhalten. Vorsicht ist auch davor geboten, nicht unwissentlich eine sog. freiwillige Nachschau zu gestatten. Oft als höfliche und unverbindliche Frage verpackt, versuchen sich Ermittlungsbeamte Zugang zu Informationen, Dokumenten oder Betriebsteilen zu verschaffen, und sobald Sie eine solche höfliche und unverbindliche Frage mit „ja“ beantworten, haben sie auch ohne Gerichtsbeschluss eine freiwillige Nachschau geduldet und damit einer Hausdurchsuchung OHNE Anordnung zugestimmt. Dies führt automatisch zum Verlust aller ihrer Rechte! Beantworten Sie daher immer eine dementsprechende Anfrage mit der Gegenfrage, nämlich ob Sie die gerichtliche Bewilligung sehen dürfen.

Über diese wichtigen ersten Schritte sollte man bereits bei Zeiten das Empfangspersonal informieren, am besten man macht sich gleich Gedanken über eine Verständigungskette, so dass die wichtigsten Personen informiert werden und möglichst schnell zur Verfügung stehen. Das können z.B. der Geschäftsführer, die IT-Leitung, der Finanzchef, aber auch der Hausanwalt, Notar oder Steuerberater sein. Grundsätzlich haben Sie als Betroffener das Recht, zwei Vertrauenspersonen nach Wahl hinzuzuziehen. Das können auch die Ehefrau oder ein Freund sein, es müssen nicht zwangsläufig Betriebsangehörige oder Rechtsbeistände sein. Bis zum Eintreffen aller notwendigen Personen kann man übrigens verlangen, dass mit der Amtshandlung gewartet wird.

Dies sollte man aber klar und unmissverständlich aber höflich, am Besten in Gegenwart von Zeugen tun. Für die exekutierenden Behörden gilt der Grundsatz des Minimaleingriffs, d.h. weder darf der Betriebsablauf unverhältnismäßig gestört werden, noch darf mehr als notwendig eingegriffen werden um die gesuchten Unterlagen oder Informationen zu finden. So gehören das schikanöse Ausräumen aller Schränke und das zu Boden werfen deren Inhaltes ins Reich von TV-Serien, aber nicht in die übliche Praxis rechtsstaatlicher Behörden. Auf gar keinen Fall sollte man informelle Fragen zur Untersuchung beantworten.

Der berühmte Satz „ohne meinen Rechtsbeistand sage ich nichts“ mag abgedroschen klingen und ein Lächeln hervorrufen, kann aber über Wohl und Wehe und den Ausgang einer Untersuchung entscheiden. Es gibt nämlich keine Beweisverwertungsverbote, das heißt selbst wenn Beweise auf illegale Weise gewonnen wurden, dürfen diese verwendet werden (anders als im angelsächsischen Recht). Daher sollte man auf jeden Fall vermeiden dass die Untersuchungsbeamten allen möglichen Mitarbeitern, Kunden oder Lieferanten über den Weg laufen und diese im Plauderton informell ausfragen. Auch sollte man keine Auskünfte aus eigenem Antrieb geben.

Oft führt ein schlechtes Gewissen, Angst oder der Wunsch zu gefallen um Sympathie und Wohlwollen zu erzeugen dazu, dass man preisgibt was man besser nicht preisgeben sollte. Es besteht für den Beschuldigten keine Mitwirkungspflicht! Man muss sich nicht selbst belasten. Das gilt auch für sogenannte Erfüllungsgehilfen, also Mitarbeiter. Am besten ist es deshalb, man schickt sofort alle Mitarbeiter nach Hause die nicht gebraucht werden, das verhindert freiwillige oder unfreiwillige Informationspreisgabe am effektivsten. Sollte man versehentlich oder auch absichtlich zu viel des Guten tun und die Ermittlungen behindern oder Informationen verschweigen, so stehen als einziges Beugemittel Geldstrafen, und die selbst im Höchstfalle nur mit max. € 10.000 zur Verfügung.

Jeder Unternehmer kann also selbst darüber nachdenken wie sich das Verhältnis möglicher Geldstrafen zu möglichen wirtschaftlichen Nachteilen verhält. Ein straffreies Aussageverweigerungsrecht gilt natürlich immer und grundsätzlich für alle Berufsgeheimnisträger wie zum Beispiel Ärzte, Anwälte, Notare, Steuerberater und auch Kleriker. Wenn Unterlagen herausgegeben werden, dann unbedingt nur Kopien herausgeben! Im Falle von Daten sorgen Sie für Sicherungskopien – ziehen Sie Ihre IT Experten hinzu. Echte Klienten-Informationen sind grundsätzlich immunisiert, d.h. brauchen nicht offengelegt zu werden. Zur Sicherheit kann man vor Ort bei den Beamten einen Versiegelungsantrag stellen.

Andererseits kann es unter Umständen gute Gründe dafür geben, über eine freiwillige Herausgabe nachzudenken. So kann z.B. eine freiwillige Herausgabe eine echte Hausdurchsuchung vermeiden, bzw. verzögern, und freiwillig kann man immer noch ohne Konsequenzen darüber entscheiden was man herausgibt und was nicht. Außerdem bedeutet eine echte Hausdurchsuchung eine große Beeinträchtigung des betrieblichen Ablaufes und kann, wenn sie mit hohem Aufwand durchgeführt wird, viel Aufsehen erregen und den Ruf des Unternehmens nachhaltig schädigen. Grundsätzlich sollte man auf einem Beschlagnahmeprotokoll bestehen und Alles dokumentieren, am besten auch fotografisch. Im Klaren sollte man sich auch darüber sein, dass einer Hausdurchsuchung in der Regel eine Telefonüberwachung vorangeht und nachfolgt.

Ein üblicher Zeitrahmen ist eine Telefonüberwachung die 2 Wochen vor Durchsuchung beginnt und bis zu 6 Wochen nach der Haussuchung dauert. RA Mag Josef Gallauner ist Partner der Kanzlei Urbanek, Lind, Schmied, Reisch die ihren Schwerpunkt u.a. in Exekutionsrecht und Forderungsbetreibungen, Finanzstrafrecht und anderen Wirtschaftsrechtsthemen hat. ReTurn ist das unabhängige Experten-Forum für Restrukturierungen, Sanierungen und Turnarounds. Dadurch gibt es erstmalig auch in Österreich eine Plattform, auf der sich Restrukturierungsmanager, Banker, Wirtschaftstreuhänder, Unternehmensberater, Investoren und Rechtsanwälte professionell mit dem Thema Restrukturierung befassen. Das ist gut zu wissen.

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Artikelsignatur: Uwe Rembor | Autoren-Ressort: business.reporters.de
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